Die Geschichte des Predigerministeriums

von Joachim Proescholdt

1. Evangelische Ministerien – deutschlandweit

Das Predigerministerium war und ist keine ausschließlich Frankfurter Einrichtung, sondern findet sich in einer Vielzahl deutscher Städte, u.a. in Braunschweig, Erfurt, Greifswald, Hamburg, Lübeck, Lüneburg und Regensburg. In der deutschen Rechts- und Kirchengeschichte findet die Bezeichnung Verwendung. So repräsentierte das Geistliche Ministerium in der Verfassung der Evangelisch-Lutherischen Kirche im Hamburger Staat von 1870 die Geistlichkeit als Körperschaft, das kirchliche Lehramt und die theologische Wissenschaft. In Greifswald und Erfurt verfügte das Predigerministerium über eigene Bibliotheken und unterhielt Versorgungskassen für Witwen und Waisen von Geistlichen. Bereits 1535 schlossen sich die Geistlichen Ministerien von Lübeck, Hamburg und Lüneburg zum Ministerium Tripolitanum zusammen. In dieser Koalition war die protestantische Pfarrerschaft stark genug, um sich für die Einführung der Wittenberger Konkordie von 1536 einzusetzen. Sie war aber auch gewappnet im Kampf gegen das Augsburger Interim von 1548, mit dem der Kaiser hoffte, Lehre und Kultus der römisch-katholischen Kirche landesweit gewaltsam wieder einführen zu können. Als einziges Zugeständnis an die Protestanten wollte er den Laienkelch und die Ehe von Geistlichen gestatten. Am Widerstand insbesondere der norddeutschen protestantischen Städte ist dieses Interim letztlich gescheitert.

Die Entstehung von Synodalverfassungen und das Ende des landeskirchlichen Kirchenregiments machten die Predigerministerien bedeutungslos. Soweit bekannt ist es nur der Gesamtkonvent der Pastorenschaft im Kirchenkreis Lübeck, der sich bis heute weiterhin Geistliches Ministerium nennt.

Das Geistliche Ministerium in der Reichskirchenverfassung vom 11. Juli 1933, das unter Führung des Reichsbischofs die Evangelische Kirche leiten und Gesetze erlassen sollte, war eine Einrichtung der nach dem Führerprinzip errichteten NS-Kirche, die durch die Ereignisse des Kirchenkampfes nie ernsthaft wirksam wurde. Im März 1934 verlor dieses NS-gefärbte Geistliche Ministerium seine kirchenleitenden Funktionen. Mit den kirchengeschichtlichen Predigerministerien hatte dies nie etwas zu tun.

 

2. Der Name „Evangelisch-lutherisches Predigerministerium Frankfurt am Main“

Dieser Begriff mag irritieren. Werden heute doch mit dem Wort „Ministerium“ politische Strukturen in Land und Bund assoziiert. Um Missverständnissen vorzubeugen: Zu keiner Zeit hatte das Predigerministerium damit zu tun. Was bedeutet dann dieser Name, wie auf dem Logo zu finden?

1. Warum Prediger statt Pfarrer? Weil sich die evangelischen Pfarrer seit der Reformation in Abgrenzung zu den seinerzeit meist selbstherrlich auftretenden römisch-katholischen „Pfarrherren“ von St. Bartholomäus bewusst einfach: Prädikanten oder Prediger nannten.

2. Warum Ministerium? Weil in der damals üblichen Kirchensprache, dem Lateinischen, Dienst mit Ministerium übersetzt wurde. Die Prediger sahen ihre vornehmste Aufgabe im Dienst am Wort Gottes und der Gemeinde. So bürgerte sich schon bald nach der Einführung der Reformation in vielen deutschen Städten für die Korporation der evangelischen Geistlichen der Begriff Prediger-Ministerium ein.

3. Warum evangelisch-lutherisch? Weil die Frankfurter Prediger, nachdem sie zunächst der calvinistischen Theologie zugeneigt waren, sich dann konsequent zur Theologie Martin Luthers bekannten. Dies schlägt sich bis heute in dem Namen Evangelisch-lutherisches Predigerministerium nieder.

 

3. Das ev.-luth. Predigerministerium Frankfurt am Main in der Vergangenheit

Die Frankfurter evangelische Kirche, die bis zum Jahr 1900 aus nur einer Gemeinde mit mehreren Kirchen als Predigtstätten bestand, und ihre Geschichte ist seit Bestehen eng mit dem Wirken des Predigerministeriums verbunden. Seine Mitglieder waren ausschließlich die Stadtprediger einschließlich Sachsenhausen, jenseits des Mains. 1530 gehörten diesem Gremium vier Theologen an. 1542 wirkten bereits acht und zu Beginn des 17. Jahrhunderts zehn Prediger in der Stadt.

1586 wurde eine erste Konventsordnung verabschiedet, der 1621 eine weitere, ausführlichere folgte. Das Predigerministerium besaß eine kollegiale Verfassung und traf sich wöchentlich, um über Wohl und Wehe der Gemeinde zu beraten. Ab Mitte des 17. Jahrhunderts wurde das Gremium von einem „Senior“ als primus inter pares geleitet. Sein berühmtester Vertreter war von 1666-1686 Dr. Philipp Jakob Spener.

Nachdem im Augsburger Religionsfrieden von 1555 u. a. beschlossen worden war, dass Landesfürsten, resp. Stadtregierungen die Freiheit bekamen, sich für die eine oder andere der beiden „Religionen“ (römisch-katholisch oder evangelisch) zu entscheiden (ius reformandi), hatten die Untertanen dem Bekenntnis der Landesherren Folge zu leisten (cuius regio, eius religio) oder mussten auswandern.

Der Rat der Stadt Frankfurt entschied sich weiterhin für die lutherische Lehre und übernahm damit die Funktion der evangelisch-lutherischen Kirchenleitung. Die lutherischen Prediger waren Angestellte des Rats, der nicht nur weisungsbefugt war, sondern berechtigt, die Pfarrstellen zu besetzen, kirchliche Feiertage festzulegen, die Gottesdienstordnung wie auch die Finanzen zu regeln. Kein Wunder, dass sich seitens der evangelischen Theologen Widerstand formierte, der in dem Predigerministerium seine organisatorische Form fand. So gelang es den Predigern durch geschickte Verhandlungsführung, dem Rat eine Gottesdienstordnung mit Gebeten und Abendmahlsliturgie vorzulegen, den der Rat von den Theologen annahm und als Agende 1565 herausgab.

Um eine möglichst gute Zusammenarbeit zwischen Predigerschaft und Stadt zu ermöglichen, bestellte der Rat aus seiner Mitte Delegierte, die gemeinsam das Scholarchiat bildeten. Ihm oblag die Leitung des Kirchenwesens sowie die Aufsicht über Kirche und Schule. Daneben wurden weitere Ratsmitglieder in das Sendenamt berufen, das über Vergehen wie Sonntagsentheiligung und Gotteslästerung, als auch sittliche Vergehen und Ehebruch zu urteilen hatte. Diese städtischen Gremien übernahmen Funktionen, die ursprünglich dem Erzbischof von Mainz oblagen. Differenzen ergaben sich aber nach wie vor dort, wo es sich um spezifisch theologische und geistliche Angelegenheiten handelte. Nach langen Auseinandersetzungen erreichte das Predigerministerium die Rechte, die genuin in den Kompetenzbereich der Theologen gehörten: Vorschlags- und Mitsprache bei der Berufung von Predigern, Abnahme von theologischen Prüfungen von Bewerbern auf Pfarrstellen und deren Amtseinführung, Schulvisitation. Weiterhin wurde ihnen die Zuständigkeit in der Beurteilung der Glaubensinhalte, Mitwirkung bei kirchlicher Gesetzgebung, sowie Eigenständigkeit bei der Gestaltung von Gottesdiensten, neben Ausübung der Kirchenzucht zugebilligt.

In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts kam es zu grundlegenden Umwandlungen politischer und kirchlicher Strukturen. Von 1705-1732 währte das Ringen „Frankfurt contra Frankfurt“, ein Kampf gegen selbstherrliches Gebaren der Ratsherren. Es folgten Verfassungskämpfe mit freiheitsfordernden Tendenzen, die zur Bildung von Kommissionen und Bürgermitbestimmung führten. Diese Bewegung machte vor der Kirche nicht halt. Ausgerechnet an einem Lied von Paul Gerhardt entzündete sich der Streit: In dem Lied „Zieh ein zu deinen Toren...“ heißt es in der 10. Strophe: „Beschirm die Obrigkeiten, richt auf des Rechtes Thron...“ Der Rat der Stadt wollte diese Stelle in eine Fürbitte zugunsten der Ratsherren abgeändert haben. Als sich damit der politische Streit in die innersten Angelegenheiten kirchlichen Lebens einzumischen drohte, schritt der Kaiser ein und es kam zur Bildung einer neuen Visitationsordnung, die an die Stelle der beiden städtischen Behörden, des Scholarchats und des Sendenamtes, trat.

1728 wurde ein Konsistorium als staatliche Kirchenbehörde eingerichtet, dem vier Ratsherren, drei Prediger und zwei Vertreter der Bürgerschaft angehörten. Viele Aufgaben, die bisher vom Scholarchiat und Sendenamt erledigt oder vom Predigerministeriums wahrgenommen wurden, gingen auf das Konsistorium über. Auch wenn das Predigerministerium in seiner Gesamtheit nicht mehr mitwirken konnte, so waren die Geistlichen de jure jetzt an der Entscheidungsfindung mit Stimmrecht beteiligt. Von Seiten der Prediger wurden Senior Dr. Johann Georg Pritius, Magister Johann Balthasar Starck und Johann Martin Michael berufen.

Im Oktober 1792 erlebten die Stadt und ihre Bewohnerschaft mit der Besetzung durch die Franzosen politisch, konfessionell und innerkirchlich gravierende Strukturveränderungen, die auch durch den zeitweiligen Abzug der französischen Truppen nicht aufgehalten wurden: Mit seinem Toleranzedikt vom 10. Oktober 1806 ermöglichte Fürstprimas von Dalberg Reformierten und Katholiken Gleichberechtigung, die Jahre später auch den Juden zugesprochen wurde. Die Jahrhunderte lange Alleinherrschaft der Lutheraner im Rat der Stadt fand damit ein Ende. In Hanau errichtete man gesondert je ein reformiertes und ein lutherisches Konsistorium. Die Frankfurter wurden den Hanauern unterstellt. Das Predigerministerium blieb unerwähnt. Trotzdem: Die politischen Ideen der französischen Revolution begeisterten auch lutherische Prediger, was zu vehementen Auseinandersetzungen im Predigerministerium führte.

Nach der Befreiung von der napoleonischen Herrschaft, begann im Januar 1814 die kirchliche Neuorganisation. Das Predigerministerium nahm seine Tätigkeit wieder auf. Die Prediger nannten sich künftig Pfarrer. Reformierte wie Lutheraner trugen gleiche Amtstrachten: den preußischen Talar, Beffchen statt Halskrause, Barett anstelle der bisherigen Kappe.

Nicht die äußeren, sondern die innerkirchlichen Reformen warfen große Probleme auf: Konnte ein Rat, wenn künftig neben Lutheranern auch Reformierte und Katholiken saßen, Kirchenleitung der Frankfurter evangelischen Kirche sein? Sollte ein gemeinsames Konsistorium von Lutheranern und Reformierten, wie es die Stadt plante, den unterschiedlichen konfessionellen Belangen gerecht werden? Kirchenrechtliche Gründe führten zum Widerspruch durch das Predigerministeriums, die in der Protestation vom 16. Februar 1816 ihren Niederschlag fand.. Die liberale Denkweise des Predigerministeriums zeigte sich in der Tatsache, dass lutherischen Kandidaten genehmigt wurde, Vertretungsdienste in der reformierten Gemeinde zu übernehmen.

Am 8. Februar 1820, kam es zur Bildung eines lutherischen Gemeindevorstandes. Dem Gremium gehörten 36 Personen, 18 Älteste und 18 Diakone, aus dem weltlichen Stande an. Aus Sorge vor hierarchischem Einfluss sollte kein Mitglied des Konsistoriums und kein Pfarrer dem Gemeindevorstand angehören. Dieser Schritt war im Bezug auf das Mitspracherecht von Laien in der Kirche bedeutsam, wenngleich das Predigerministerium hierdurch entscheidende Aufgabenbereiche verlieren sollte.

Am 19. Juli 1822 wurde auf Anregung des Predigerministeriums durch eine Kommission von lutherischen und reformierten Vertretern der Versuch unternommen, „Grundzüge der Verfassung und Ordnung der vereinigten evangelischen Kirchen der Freien Reichsstadt Frankfurt und ihres Gebietes“ zu erarbeiten. Zu einer Konfessionsvereinigung kam es leider nicht.

Am 5. Februar 1857 kam es nach langem Ringen zwischen Konsistorium, Gemeindevorstand und Predigerministerium zu einer Neufassung der „Gemeinde-Ordnung für die evangelisch-lutherische Gemeinde zu Frankfurt am Main“. Die Gesamtgemeinde wurde in sechs Wahlsprengel gegliedert: St. Katharinen, St. Nikolai, St. Paul, St. Peter, Weißfrauen und Dreikönig in Sachsenhausen In jedem Wahlsprengel waren zwei Pfarrer tätig. Sie alle gehörten dem Predigerministerium an. Ihre Aufgabe beschränkte sich auf gemeinschaftliche Beratung der Amtsgeschäfte, Verwaltung von kirchlichen Stiftungen sowie Abfassung von Gutachten über Angelegenheiten des geistlichen Amtes. Ansonsten spielte das Predigerministerium keine Rolle mehr.

1866, nach der Annexion Frankfurts durch Preußen, plante die Staatsregierung die Auflösung des Predigerministeriums. Doch das Konsistorium bestand auf seinem Bestehen, das es als ein mit Korporationsrechten ausgestatteter Verein bestehen bleiben müsse. Von ministerialer Seite wurde betont, dass das Predigerministerium keine kirchenregimentlichen Befugnisse besitze. Diese standen ausschließlich dem Konsistorium zu.

Mit der Kirchengemeinde- und Synodalordnung vom 28. September 1899 wurde ein weiteres Kapitel in der Geschichte der Frankfurter Gesamtgemeinde aufgeschlagen: die Aufteilung der einen Stadtgemeinde „zum Zwecke der Seelsorge und Armenpflege“ in sechs selbständige evangelisch-lutherische Kirchengemeinden: Dreikönigsgemeinde in Sachsenhausen, St. Katharinengemeinde, St. Nikolaigemeinde, St. Paulsgemeinde, St. Petersgemeinde und Weißfrauengemeinde. Jede Gemeinde wählte ihren eigenen Kirchenvorstand. Daneben fungierten die Stadtsynode der Innenstadtgemeinden und die Kreissynode der Frankfurter Dörfer als Entscheidungsgremien. Die Aufgaben des Predigerministerium entsprachen nach § 49 dem Minimalkatalog von 1857.

1918, nach der Kapitulation und der Abdankung des Kaisers, als preußischer König auch Summus episkopus der evangelischen Kirche in Frankfurt, kam es zu einem stürmischen Demokratisierungsprozess, der auch die Kirche erfasste. Mit der Annahme der Weimarer Verfassung am 31. Juli 1919 war der Weg frei für die Trennung von Staat und Kirche. Diese die Kirche in ihren innersten Strukturen betreffenden Reformen wurden in der Verfassung der Evangelischen Landeskirche Frankfurt am Main vom 12. Januar 1923 festgeschrieben. Das Predigerministerium findet nur in § 128 mit den Worten Erwähnung: „Das evangelisch-lutherische Predigerministerium bleibt als öffentlich-rechtliche Körperschaft zum Zweck der ihm unterstellten Stiftungen bestehen. Seine übrigen Befugnisse gehen auf die Pfarrerschaft (§ 49) über.“ Durch die Inflation waren die finanziellen Mittel der Stiftungen derart zusammengeschmolzen und die Ausschüttungen auf einen Tiefstwert gesunken, so dass auch dieser, dem Predigerministerium verbliebene Aufgabenbereich, so gut wie wirkungslos geworden war.

Nach 1933 beschied der Leiter der Kirchenabteilung im preußischen Kirchenministerium, August Jäger, „der Zerrissenheit im Kirchenvolke ein Ende zu machen“. In der evangelischen Kirche wurde das Führerprinzip eingeführt. Am 12. September 1933 erfolgte die Gründung der Evangelischen Landeskirche Nassau-Hessen. Damals fehlte es nicht an Versuchen, auch das Predigerministerium gleichzuschalten. Der damalige Senior Kirchenrat Johannes Kübel ließ 1938 allerdings nicht zu, dass an dieser traditionsreichen, kirchlichen Einrichtung gerüttelt wurde. Die Versammlungen des Predigerministeriums waren zu jener Zeit äußerst gut besucht, denn hier war Gelegenheit zum kritischen Gedankenaustausch gegeben. Mit Kriegsbeginn 1939 fanden die Versammlungen des Predigerministeriums bald ein Ende, denn viele Pfarrer wurden zum Kriegsdienst eingezogen, andere waren durch Vakanzvertretungen überlastet, wieder andere hatten durch Kriegszerstörungen ihre Gemeinden verloren und wurden aus Frankfurt versetzt.

 

4. Der Weg des Ev.-luth. Predigerministeriums in eine sinnvolle Zukunft

Nach Kriegsende 1945 war zunächst an eine Weiterführung der Tätigkeit des Predigerministeriums nicht zu denken. Erst im April 1948 lud der stellvertretende Senior, Dekan i. R. Fritz Petermann, zu einer ersten Zusammenkunft ein. Doch das Interesse war gering: außer dem Senior und dem Kassenführer war niemand erschienen. Daraufhin ruhte die Arbeit weitere zehn Jahre – bis 1958. Mit Gründung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau am 30. September 1947, der jetzt auch die ehemals eigenständige Landeskirche Frankfurt am Main angehörte, stand das Predigerministerium vor der Frage, ob seine Organisation noch zeitgemäß sei. Die Neustrukturierung der Gesamtkirche, die Orientierung der Pfarrerschaft in regionale Gruppierungen von Dekanaten und Propsteien sowie die Bildung des Gemeindeverbandes am 9. Februar 1949 nahm dem Predigerministerium ehemalige Aufgaben und jegliche Bedeutung. Es blieb offensichtlich einzig die Frage nach Auflösung dieses Gremium.

Doch zunächst beschloss das Seniorat, dass das Predigerministerium wegen der Dotation der Stadt Frankfurt und der bestehenden Stiftungen formal erhalten werden müsse. Das Finanzamt erkannte im Dezember 1959 das Ev.-luth. Predigerministerium als Körperschaft öffentlichen Rechts an. 1961 wurde erneut ein Senior gewählt. Dennoch, zu einer kontinuierlichen Arbeit kam es nicht. Dies lag letztlich an der ungelösten Frage nach Sinn und Bedeutung dieser Institution.

In der Zeit nach den Studentenunruhen der Endsechziger des letzten Jahrhunderts mit deren Forderung zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit kam es zu einer Rückbesinnung auf die Bedeutung der Geschichte. Diese Tatsache war der entscheidende Denkanstoß für das Seniorat, sich mit der evangelischen Kirchengeschichte von Frankfurt am Main zu befassen. Im Oktober 1974 wurde die „Pflege kirchengeschichtlicher Arbeit über das evangelische Frankfurt“ als neue Aufgabe und Verpflichtung des Predigerministeriums formuliert. Man erkannte, dass Identitätsfindung nicht ohne Rückbesinnung auf die Geschichte möglich ist. Darum wurden Grundüberlegungen zur Frankfurter Kirchengeschichte und zum Umgang mit ihr angestellt. Das Refektorium des Dominikanerklosters, „Traditionsraum des Predigerministeriums“, so in den Einladungen zu den Sitzungen benannt, wurde mit Bildern, Büchern, Urkunden und Arbeitsgeräten aus der Geschichte des Predigerministeriums ausgestattet. Mit Vorträgen und Studienreisen wurde versucht, das Interesse an Frankfurter Kirchengeschichte zu wecken und der weitverbreiteten Geschichtslosigkeit entgegenzutreten. Zur besseren Vernetzung mit anderen ähnlich orientierten Institutionen erfolgte im Februar 1981 der Beitritt des Predigerministeriums zur Hessischen kirchengeschichtlichen Vereinigung.

Der „Dornröschenschlaf“ des Predigerministeriums war vorbei, eine Vielzahl geschichtlich interessierter Menschen aus vielen Gemeinden Frankfurts folgten interessiert den Veranstaltungen des Predigerministeriums. Diese Entwicklung hatte zur Folge, dass zunächst Mitarbeiter des Evangelischen Regionalverbandes, später darüber hinaus alle Interessierten – unabhängig von Konfession – Möglichkeit erhielten, Mitglied des Predigerministeriums zu werden. Dies wiederum führte zu der Frage, ob die bestehende Organisationsform den neuen Entwicklungen entsprach, insbesondere da seitens der Pfarrerschaft kaum Interesse an der Arbeit des Predigerministeriums festzustellen war. Nachdem bereits Nichttheologen ins Seniorat berufen worden waren, wurde am 8. November 1988 der Verwaltungsdirektor des Ev. Regionalverbandes, Oberkirchenrat Jürgen Telschow, zum Leiter des Seniorats gewählt – ein absolutes Novum für das Predigerministerium, das dann auch auf Widerspruch einiger Pfarrer stieß.

Doch diese Entwicklung war nicht mehr aufzuhalten: Die Umgestaltung des Predigerministeriums von einer Standesorganisation zu einem Verein, dem jeder Interessierte beitreten kann. Am 18. November 2003 wurde der neue Verein gegründet und am 8. Januar 2004 ins Vereinsregister eingetragen. Mit seinem Namen trägt der Verein die Frankfurter Tradition der Prediger weiter: Evangelisch-lutherisches Predigerministerium – Vereinigung zur Pflege der Frankfurter Kirchengeschichte. Neben dieser, im Titel und in der Präambel gesondert benannten Verpflichtung sieht das Predigerministerium auch die Förderung des Lebens der evangelischen Kirche in Frankfurt und die Verwaltung seines Vermögens als seine Aufgaben an.

5. Die Tätigkeit des Predigerministeriums heute

Das Seniorat besteht aus fünf von der Mitgliederversammlung gewählten Mitgliedern. Ihre Amtszeit währt vier Jahre. Der Leiter des Seniorats wird von einem geschäftsführenden Senioratsmitglied in seiner Arbeit unterstützt. Das Seniorat trifft sich pro Jahr in mehreren Sitzungen zu seinen Programmplanungen.

Im Jahresprogramm werden Besuche in der Stadt, Tagesexkursionen, Vorträge, sowie in der Regel eine mehrtägige Studienreise angeboten. Die Thematik der jeweiligen Jahresplanung orientiert sich meist an besonderen Jubiläen, reformatorischen und kirchlichen Ereignissen, sowie an evangelischen Persönlichkeiten. Die Frankfurter Kirchengeschichte bildet darin den Schwerpunkt und findet besondere Berücksichtigung.

In den jährlichen Mitgliederversammlungen wird den Mitgliedern Gelegenheit gegeben, Vorschläge zu unterbreiten und Anregungen zu geben, die bei der Programmgestaltung des nächsten Jahres möglichst Berücksichtung finden.

In der Schriftenreihe des Ev.-luth. Predigerministeriums werden vom Seniorat besondere Vorträge des Vorjahres herausgegeben, die die Vereinsmitglieder als Jahresgabe kostenlos erhalten.

Neben den jährlichen Rahmenveranstaltungen organisiert das Seniorat Ausstellungen und wirbt Mitglieder zu ehrenamtlicher Mitarbeit. Derzeit wird in enger Kooperation mit dem Verein kirchlicher Ton- und Bildarbeit ein Audioguide für ein Ausstellungsmodell historischer Kunstwerke erarbeitet. Außerdem sorgt sich das Seniorat um die Rettung und Aufbewahrung von Kunstwerken und Kirchenausstattungen, die wegen Verkauf oder Abriss evangelischer Kirchen in Gefahr sind verloren zu gehen.

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